Die Nachrichten, die uns jeden Tag erreichen, sind verstörend: noch immer tobt der russische Angriffskrieg in der Ukraine, noch immer hungern die Menschen im Gazastreifen, sind Leidtragende des Kriegs in Nahost, noch immer gibt es die Bürgerkriege in Äthiopien und im Sudan. Dazu kommt die Gefährdung der demokratischen Werte, die sich in Europa und den USA Bahn bricht. Besonders die USA, die im nächsten Jahr 250 Jahre ihres Bestehens auf demokratischer Grundlage feiern, geraten durch das unberechenbare Wirken ihres Präsidenten in die Schlagzeilen. Zusammen mit den kürzer werdenden Tagen des zu Ende gehenden Jahres entsteht eine Stimmungslage, die geeignet ist, Schwermut und düstere Gedanken aufkommen zu lassen. Der Blick in die Zukunft ist, gemessen an der aktuellen Lage des Weltgeschehens, besorgniserregend. Doch sollten wir uns wirklich klaglos dem vermeintlichen Schicksal fügen, ohne etwas zu unternehmen?
Es gibt immer noch die Hoffnung auf bessere Zeiten, auch in der tiefsten Dunkelheit. Denn es ist eine zutiefst menschliche Fähigkeit, auch in scheinbar ausweglosen Situationen an das Gute zu glauben, zuversichtlich auf Besserung zu hoffen. Das aktuelle Poster der action 365, gestaltet von Florentine Heimbucher, findet für diese Kraft die passende Umsetzung: aus einer nachtblauen Oberfläche leuchten farbige Symbole heraus, wie eingeritzt in eine dicke dunkle Farbschicht, unter der zuvor eine bunte erste Schicht angelegt wurde. „Die Nacht, in der das Fürchten wohnt, hat auch die Sterne und den Mond“ - das kurze Gedicht der jüdisch-deutschen Lyrikerin Mascha Kaléko erinnert in seiner Schlichtheit und Einprägsamkeit an einen Kindervers. Worte, mit denen ein allein gelassenes Kind sich in der Dunkelheit Mut und Trost zusprechen würde. Und es stimmt ja auch: erst die Finsternis bringt die Sterne und den Mond zum Leuchten. Ohne die Nacht gäbe es ihr Licht nicht. Wo Schatten und Dunkelheit regieren, da muss also auch Licht sein. Dieses Naturgesetz setzt Kaléko in ihrem Gedicht gegen die finsteren Mächte, die ihr Leben bestimmten. Ein Leben, geprägt von der Flucht vor dem nationalsozialistischen Regime, von Heimatlosigkeit und Verlust, doch immer auch von der Hoffnung auf bessere Zeiten.
Schon in der Bibel wird die Nacht als Bedrohung, aber auch als Trost thematisiert: „Seh ich den Himmel, das Werk deiner Finger, Mond und Sterne, die du befestigst: Was ist der Mensch, dass du an ihn denkst, des Menschen Kind, dass du dich seiner annimmst?“ Der Psalm kündet davon, dass es eine höhere Realität gibt, als die vordergründig wahrnehmbare. Eine Ordnung, die größer und zuverlässiger ist, als alles Menschliche. Es ist die göttliche Kraft, die Trost und Zuversicht verspricht, wenn man bereit ist, sich auf sie einzulassen. „Ihr seid das Licht der Welt“, so lautet die Botschaft Gottes an die Menschen. Jedes noch so kleine Licht, angezündet in der Dunkelheit, trägt dazu bei, die Finsternis in der Welt zu mindern.